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OpenClonk Review Siedeln

Nörgeln 6.0 veröffentlicht

Letzten Sonntag war mal wieder eine Runde OpenClonk mit dem Clonkspot-Kernteam fällig. Schließlich wurde vor kurzem Version 6.0 veröffentlicht! Euch erwartet ein Video unserer Untaten (allerdings ohne Audiokommentar) und natürlich jede Menge „Runter von meinem Rasen!„-Genörgle von uns alten Säcken .

Szenario: Schlucht

Luchs, Nachtfalter und ich nahmen uns zunächst vor, das Puzzle-Szenario „Schlucht“ zu meistern. Darin ist es das Ziel, eine geladene Kanone mit unendlich Schuss vom Grund einer Schlucht irgendwie wieder nach oben zu bringen. Was kann da schon schiefgehen!

Sparmaßnahen wegen gestiegenem Goldpreis

Die im Intro genannte „goldene Kanone“ sah bei uns tatsächlich aber schwarz aus. Wir drehten die Kanone um – sie war nur von der anderen Seite goldfarben. Wahrscheinlich haben wir ein Montagsprodukt erwischt, bei dem nur noch für eine Hälfte Farbe da war. Abfeuern konnte man sie trotzdem, nur war nach einem Schuss die unbegrenzte Munition aus. :(
Genau das wird wohl der Grund sein, warum der Vorbesitzer die Kanone entsorgt hat. Also wenn der Hersteller hier nicht nachbessert wollen wir unser Geld zurück . Der abgefeuerte Schuss war übrigens wenigstens nicht verschwendet und erledigte einen von Nachtfalters Clonks.

Weil wir dann aber Lust auf richtiges Siedeln bekamen, schauten wir nur kurz in die Schlucht.

 

Szenario: Goldrausch

Als zweites verfielen wir dem „Goldrausch“, einem ganz klassischen Szenario der Art „kleine Karte, keine Gefahren (außer dir selbst), schürfe ein bisschen Gold und bau‘ was Nettes“. Da Goldrausch quasi das Gegenstück zur CR-Goldmine ist, lässt sich im Vergleich gut sehen, was sich alles getan hat.

 

Gut gefallen haben uns die Texturen, die in vorigen OC-Versionen noch nervig aussahen. Auch das neue Lichtsystem macht einen guten Eindruck: Mit der begrenzten Sichtweite unter Tage kommt ein leicht beklemmendes Gefühl auf, durch einen engen Bergwerksstollen zu wandern, in dem man seine begehrten Materialien erst einmal finden muss. Am Aussehen der Clonks gibt es ebenso wenig zu meckern. Die 3D-Modelle sind gelungen und erlauben flüssige Animationen, man vermisst die alten Sprite-basierten Clonks nicht.

Alle in Deckung!

Beim Abbau macht die Dynamitkiste echt Spaß! Man platziert nacheinander fünf Stangen Dynamit, bringt sich auf sichere Distanz und drückt den Fernzünder. Ein Funke wandert die Zündschnur entlang und löst die Explosionen nacheinander aus. Es ist ein kleines Detail, macht aber sehr viel her. Dynamitstangen lassen sich auch einzeln verwenden; sie werden beim ersten Klick gezündet und erst beim zweiten platziert/fallen gelassen/geworfen – andersrum wäre entspannter für den Bergbau, aber so ist Dynamit wohl als Waffe besser geeignet. Das Flintmaterial funktioniert auch prima: Schwefel als lästiges Zwischenprodukt entfällt, man kommt direkt an Flints – das Spiel gewinnt dadurch sehr deutlich an Geschwindigkeit. Aber immer gut aufgepasst, mit einem unachtsam fallen gelassenen Flint zerlegt es einem die ganze Material-Ader und vielleicht einen unschuldigen Akkumulator oder Mitspieler in der Nähe.

Zu den Gebäuden: Eine großartige Verbesserung ist, dass sich Gebäude von alleine entfalten, nachdem das nötige Baumaterial beschafft wurde. Seinen Clonks untätig beim Hämmern zusehen zu müssen gehört der Vergangenheit an.
Der Fahrstuhl fährt angenehm schnell zu wartenden Clonks, wobei es seltsam wirkt, dass er im Normalbetrieb so viel langsamer ist. In einem tiefen Schacht würden wir gerne von Hand den „Turbo-Modus“ einschalten.
Das Sägewerk teleportiert Bäume in einem großzügigen Radius zu sich, um sie zu verarbeiten. Bäume durch die Landschaft zu zerren ist dadurch weniger anstrengend (und entfällt ganz, wenn man Bäume innerhalb dieses Radius fällt), aber grundsätzlich ist dieser Teil dadurch nicht gelöst.
Strom wird innerhalb der eigenen Gebietsgrenzen automatisch zwischen Erzeugern, Akkus und Verbrauchern verteilt. Keine Stromleitungen verlegen zu müssen ist wieder ein Faktor, durch den sich OpenClonk flüssiger spielen lässt.

 

Kritik

Alles in allem hat uns OpenClonk 6.0 zwar unterhalten, aber auch viele Defizite gezeigt. Hier eine Übersicht:

Grafik

Die Gebäude sind zu unauffällig. Stachen sie in Clonk Rage noch richtig hervor, herrscht in OC ein allgemeines Einheits-Braun-Grau. Dasselbe gilt auch für die Clonks: Gut texturiert, verschmelzen jedoch zu sehr mit der Umgebung. A propos Braun-Grau: Kohleklumpen und Steine sind manchmal schwer zu unterscheiden, sowohl in der Landschaft als auch in Menüs.

Vom Stil her gibt es nichts, das nach „typisch Clonk“ aussieht – könnte genausogut ein beliebiges No-Name-Spiel sein. Hier muss sich OpenClonk noch selbst (er)finden.

Menüs

Was ist hier wo?
Was ist hier wo?

Bei mehreren offenen Inventaren ist es zunächst unklar, welches Menü zum aktiven Clonk, und welches etwa zu Lore und Schmelzofen gehört. Die Grafik im Hintergrund ist dafür zu subtil.

Auch seltsam, dass radiale Menüs verwendet werden. Sie können Mausweg sparen – aber nur, wenn sie um den Mauszeiger herum geöffnet werden. Das ist hier nicht der Fall, und wir denken, dass klassische rechteckige Menüs mit einer Titelzeile für mehr Klarheit sorgen würden – auch bei der Zuordnung der Inventare.

Beim Schmelzofen hämmert man sich immer wieder durch die gleichen Schritte: Interaktion starten, Inventar öffnen, Material einlegen. Der Zwischenschritt „Inventar öffnen“ nervt schnell, sein Inventar gleich zu sehen wäre besser.

Leertaste: Immer feste drauf

Per Leertaste startet und beendet man die Interaktion mit einem Objekt – oder mehreren, so können Objekte zwischen mehreren Inventaren gleichzeitig hin- und hergeschaufelt werden. Aber: „Was passiert, wenn ich jetzt die Leertaste drücke?“ – eine Frage, die eine klarere, eindeutige Antwort vertragen würde. Wer seinen Clonk von einem Gebäude oder einer Lore weg bekommen will, braucht sich nicht die Mühe zu machen darauf zu achten, welche Menüs offen und welche Interaktion gestartet ist. Auf die Leertaste hämmern bis die Richtungstasten wieder reagieren geht schneller – kein gutes Zeichen.
Ganz vertrackt wurde es für uns, als wir eine Lore vor unserem Schmelzofen abstellten: Dann lässt der Clonk auf Druck der Leertaste gar nicht mehr die Lore los, sondern öffnet oder schließt das Schmelzofenmenü. Stattdessen muss das richtige Icon am unteren Bildschirmrand mit der Maus angesteuert werden.
Mit Escape direkt alle Menüs zu schließen geht leider auch nicht, stattdessen öffnet sich der „Runde beenden?“-Dialog. Hier sehen wir eindeutig eine verschenkte Chance, denn schnell zurück zum Spiel kommen zu wollen ist der deutlich häufigere Fall.

Steuerung

So mancher Spieler hatte nie richtig das Gefühl, seine Clonks zu beherrschen (Nachtfalter und Nachtschatten heben die Hand). Dazu blieben die Clonks zu oft immer wieder an Materialpixeln hängen, waren gerade damit beschäftigt an einer kniehohen „Wand“ zu klettern oder steckten im Boden des Fahrstuhlkorbs fest. Da dies im starken Kontrast dazu steht, dass Clonks ansonsten sehr direkt auf Tastatureingaben reagieren, fallen solche Unterbrechungen besonders unangenehm auf.

Die zwei Hand-Slots sind verwirrend und kosten Zeit, wenn man etwa eine Reihe von Flints nacheinander werfen möchte. Besser wäre es, man hätte nur einen Slot und könnte mit dem Mausrad schnell durch sein Inventar scrollen. Das Mausrad betätigt aber stattdessen den Zoom. Wir finden diese Funktion dort fehlplatziert – man braucht ihn nicht so oft, dass der schnelle Zugang per Mausrad gerechtfertigt wäre.

Gebäude

Oh großer Windradgott, nimm unsere Gaben...

Wie man Gebäude repariert wurde uns nicht ersichtlich. Im Laufe des Szenarios fiel uns ein Flint auf ein Windrad, das kurz anbrannte und danach als Baustelle herumstand. Wir versuchten den Hammer zu benutzen, Leertaste zur Interaktion, in unserer Verzweiflung sogar Doppel-Runter wie man es aus Clonk Rage kennt. Nichts half. Im OC-Forum fragten wir nach und bekamen nur ein spöttisches „Das hätte wohl nicht passieren sollen“„Geile Antwort! :D“ zurück, und Entwickler unterhielten sich über (für uns als Spieler) irrelevante Implementierungsdetails. Erst einen Tag später klärte man uns auf: Nein, es ist nicht möglich. Dass es keine 24-Stunden-Hotline gibt ist soweit in Ordnung, die restlichen Antworten nerven den hilfesuchenden Spieler. Offenbar ist man im Team aber der Meinung, das könne man sich leisten.

Ein Clonk, der auf Bauchhöhe im Boden des Fahrstuhlkorbs steckt.
Einfach mal entspannt abhängen

Der Fahrstuhl wird auf mehrere Arten zur Falle. Mal steckt man mit dem Kopf im Korb fest – beispielsweise, wenn man unten im Schacht wartet, der Korb beim Herunterfahren aber im falschen Moment auf festes Material stößt. Ein anderes Mal läuft man seitlich dagegen, in der Absicht hinein zu klettern – plötzlich ist man auf Bauchhöhe eingeklemmt. In beiden Fällen kann man sich nur mühsam aus seiner Lage befreien – wenn man Glück hat. Hier müssen zeitgemäße Lösungen her. Der Korb könnte etwa von unten „durchlässig“ sein, wie Plattformen in diversen Jump’n’Run-Spielen. „Dahinter stecken technische Gründe“ mag wahr sein, aber auch hier: Aus der Sicht des Spielers uninteressant, das Ergebnis zählt (und frustriert).

Spielmechanik

So ein Müll hier...
So ein Müll hier…

Wenn es um Materialien geht, wird OpenClonk genau wie sein Vorgänger schnell zu unübersichtlich. Der Boden ist voll von herumliegenden Gegenständen, die man mit einer Lore im Schlepptau aufsammelt, manchmal einfach nur damit alles aus dem Weg ist. Wir bauten sogar eine Müll-Sammelkiste, um der Lage Herr zu werden. Dass der Fahrstuhl nicht immer die Lore mitnehmen will macht die Sache zusätzlich mühsam. Noch schlimmer wird die Situation durch die Gebäude, die ihre Produkte einfach in die Landschaft – pardon – kotzen. Um es ganz deutlich zu sagen: Auf nervige Spielmechaniken von vor 20 Jahren haben wir absolut keine Lust mehr.

Wie funktioniert das bloß?

Im selben Stil verkauft man man Gold: Vor der Flagge auf den Boden werfen. Wir wussten, dass es so funktioniert, aber wie kommt der unbedarfte Spieler darauf? Außerdem ist es arg seltsam und funktioniert mit anderen Gegenständen auch nicht.

Bei den Werkzeugen finden wir den Hammer überflüssig. Man braucht ihn nicht einmal direkt, um an etwas zu werkeln, da sich Gebäude von selbst hochziehen. Und einen Bauplan in die Landschaft knallen kann man auch, ohne einen Hammer zu haben.

Aber auch allgemein fühlen sich die Werkzeuge seltsam an. Im Prinzip repräsentieren Werkzeuge die Fähigkeiten, die ein Clonk in diesem Moment hat. Mit einer Schaufel kann er graben, mit einer Spitzhacke auch ohne Sprengstoff harte Materialien abbauen.
Nur muss man immer genau darauf achten, zum richtigen Werkzeug zu wechseln, und jedes belegt einen Inventarplatz, den man eigentlich lieber für sinnvollere Dinge genutzt hätte, wie etwa Flints oder Baumaterial. Vielleicht hätte das ganze Konzept mehr Sinn, wenn es Verschleiß gäbe. Oder man verfolgt einen Ansatz mit Fähigkeiten, die unabhängig vom Inventar funktionieren.

Und dann war da noch…

Die vielen kleinen Ecken und Kanten, die es sonst noch gibt, wollen wir nur kurz anreißen. So gibt es Szenarienbeschreibungen, in denen alle Umlaute durch Fragezeichen ersetzt sind. Einige Texte sind gar nicht in’s Deutsche übersetzt. Bei manchen Spielern sind die Tastenbelegungen bei jedem Start von OC wieder auf den ungültigen Wert „$0“ gesetzt. Die Installationsroutine nutzt unter Windows die Benutzerkontensteuerung nicht, um bei Bedarf nach erhöhten Rechten zu fragen – man muss den Umweg über Abbruch und „Als Administrator ausführen“ gehen. Eine Änderung der Auflösung im Fenstermodus wird mit „Fehler beim Ändern der Bildschirmauflösung: Der Vorgang wurde erfolgreich beendet.“ quittiert.
Es ist Kleinvieh, das in der Summe aber viel Mist macht. Wir würden gerne von „ungeschliffenem Rohdiamant“ sprechen, aber wir sind bei Version 6.0, Mensch!

 

Fazit

OpenClonk 6.0 ist ein Fortschritt – gegenüber sich selbst. Im Vergleich zu Clonk Rage muss sich dagegen noch einiges verbessern, Liebhaber der Vorgänger wird es im Moment eher nicht für sich gewinnen. Aber was noch viel wichtiger ist: Von Massentauglichkeit ist OpenClonk im Moment ziemlich weit entfernt.

2 Antworten auf „Nörgeln 6.0 veröffentlicht“

Danke fuer den ausfuehrlichen Bericht. An den meisten Dingen wird ja schon seit Jahren mit der ueblichen Langsamkeit gearbeitet. Ich glaube, bessere Grafiken scheitern noch immer am Mangel an freiwilligen Grafikern.

Zu “Das hätte wohl nicht passieren sollen”: Sorry wenn das falsch rueber kam. Es heisst einfach nur, dass das Entstehen der Baustelle ein Bug ist. Gebaeude sollten momentan einfach nur weg sein. Sieht nicht schoen aus, aber wir haben noch keine Baustellen.

aber wir sind bei Version 6.0, Mensch! – nun, betrachte es halt als „0.6.0“. In 10.0 (aka 1.0) sind alle Probleme behoben :-)

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